Post aus Mallorca

Immobilien und mehr auf der Lieblingsinsel der Deutschen

Was tun bei einer Steuerprüfung

20. März 2001

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Post aus Mallorca

STEUERN IN SPANIEN: WIE DER FISKUS ARBEITET - UND
WAS SIE IM FALL EINER STEUERPRÜFUNG TUN

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Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,

Spanien, meinen viele Deutsche, sei ein Land, in dem es so etwas wie ein Finanzamt gar nicht gäbe. Dabei sind die fiskalischen Voraussetzungen, zumindest streng nach den Buchstaben des Gesetzes, hier oft wesentlich unfreundlicher als in Deutschland. Aber zum Glück gibt es zwischen Theorie und Praxis heute noch grosse Unterschiede.

Theoretisch sind Spaniens Politiker auf dem Weg zum gläsernen Bürger schon viel weiter als Eichel & Co. Jeder erwachsene Spanier und jeder in Spanien tätige Ausländer hat hier längst seine Steuernummer:

• CIF (für Firmen)
• NIF (für Privatpersonen)
• NIE (für nichtansässige Ausländer)

Diese Nummer brauchen Sie bei allen finanziellen und behördlichen Vorgängen. Wenn Sie ein Auto auf Ihren Namen zulassen, eine Immobilie kaufen, oder wenn Sie nur im Laden ein Päckchen Briefumschläge oder eine Zeitschrift kaufen und dafür eine offizielle Quittung wollen.

Die Körperschaftsteuer liegt in Spanien bei 36 bzw. 30 Prozent. Natürlich, auf den ersten Blick klingt es verlockend, wenn Sie lesen, das der Höchststeuersatz bei 36 Prozent liegt. Das ist toll für grosse Unternehmen, die Gewinne in Millionenhöhe machen. Wenn Sie eine solche Firma haben, oder ein Konzept, von dem Sie sich solche Gewinne versprechen, dann ist eine spanische GmbH (»Sociedad Limitada« oder kurz S.L.) für Sie eine interessante Alternative.

Aber was passiert mit kleineren Firmen? Die zahlen alle 30 Prozent Steuer. Weitere (niedrigere) Steuersätze gibt es nicht – und 30 Prozent ist deutlich mehr, als die meisten Kleinbetriebe in Deutschland zahlen!

Dazu kommt ein weiterer Nachteil Spaniens: Hier können Sie wesentlich weniger Kosten geltend machen. Dinge, um die es in Deutschland keine Diskussion gibt, werden hier nicht als Betriebsausgaben anerkannt.

Und noch etwas: Privatverträge, womöglich noch unter Ehepartnern oder Verwandten, haben bei einer Steuerprüfung nur Gültigkeit, wenn der Vertrag bei Unterschrift irgendwo aktenkundig gemacht wurde. Haben Sie dies versäumt, ist ein Privatvertrag für den spanischen Fiskus Null und Nichtig.

Auch im Umgang mit der Mehrwertsteuer (hier IVA) hat ein Unternehmer in Spanien im Vergleich zu Deutschland eher Nachteile. Sollte nämlich einmal der Fall eintreten, dass Sie (etwa aufgrund schlechter Geschäftsgänge oder grösserer Anschaffungen) IVA zurück erhalten müssten, so geschieht dies höchstens einmal im Jahr. Viele Steuerberater und Gestoren raten generell von Steuererklärungen ab, in denen Verlust ausgewiesen wird. Damit, so argumentieren Sie, macht sich der Unternehmer nur verdächtig und lenkt völlig unnötig die Aufmerksamkeit eines Prüfers auf sich.

Ein erfahrener Steuerberater aus Madrid, den ich seit vielen Jahren kenne, erklärte mir:

»Sie haben es in Spanien mit einem Steuersystem zu tun, das förmlich danach schreit, betrogen zu werden!«

Damit kommen wir zu einem weiteren – diesmal für den Bürger positiven – Unterschied zu Deutschland: In Spanien gibt’s (noch) wesentlich weniger Steuerprüfer. Und damit weniger Steuerprüfungen.

Was heisst das in der Praxis?

Unternehmer, egal ob GmbH oder Einzelfirma (»Autónomo«, deren Höchststeuersatz bei 48 Prozent liegt) betreiben in punkto Steuern eine Art Russisch Roulett: Sie lügen bei ihren Steuererklärungen, dass sich die Balken biegen.

Da es generell schwieriger ist, Betriebsausgaben anerkannt zu bekommen als Umsätze zu verschweigen, lassen sie einfach einen Grossteil aller Geschäftsgänge unter den Tisch fallen. Dabei achten sie allerdings darauf, immer etwas Steuern zu zahlen. Das soll das Risiko angeblich deutlich senken, dass der Steuerprüfer bei ihnen anklopft.

Wenn dieser Fall dann doch eintritt, dann haben Sie schlichtweg Pech gehabt. So eine Steuerprüfung ist nicht etwa eine faire Überprüfung Ihrer steuerlichen Situation, sondern die feste Absicht des Staates, bei Ihnen Kasse zu machen. Auf diese Weise holt der Fiskus einen Teil der Millionen wieder herein, die ihm durch Schlamperei und Unfähigkeit im Tagesgeschäft durch die Lappen gehen.

In der Praxis heisst das:

Sie glauben, Sie haben halbwegs korrekt gehandelt, und Sie denken, Sie könnten das auch belegen. Zu Ihrer Überraschung erkennt der Steuerprüfer (oder die Prüferin, es gibt auch viele Frauen in diesem Beruf) den grössten Teil Ihrer Belege nicht an. Dann stellt er eine Phantasierechnung auf, was Sie dem Staat alles schulden und schlägt auf diese nochmal 100 Prozent Strafe auf.

Während der Unternehmer, der das zum ersten Mal erlebt, noch mehr oder weniger unter Schock steht, kommt der Prüfer mit einem Friedensangebot rüber. Er zieht von Ihrer angeblichen »Schuld«, je nach Verhandlungsgeschick und Beweis-Situation, zwischen 30 und 60 Prozent ab für den Fall, dass Sie sich mit dem Ergebnis der Prüfung einverstanden erklären und zahlen.

Gut, Sie haben zwar den Eindruck, dass Sie es hier mit einer Erpresserbande zu tun haben, statt mit einer Staatsbehörde. Aber was können Sie schon tun …

Wenn Sie nicht einverstanden sind, können Sie natürlich Einspruch einlegen. Die wird abgewiesen. Dann müssen Sie vor Gericht…

Voraussetzung für Ihren Einspruch ist allerdings, dass Sie erstmal die vom Prüfer mehr oder weniger willkürlich in den Raum gestellte Phantasiesumme zahlen. In der Hoffnung, Ihr Geld (oder wenigstens einen Teil davon) zurückzubekommen, wenn Sie später vor Gericht gehen. Dazu gehört allerlei Optimismus…

Völlig aussichtslos ist dieses Unterfangen vielleicht nicht. Auf jeden Fall brauchen Sie aber eine Menge Geduld, angesichts der besonderen Trägheit der spanischen Justiz. Obendrein brauchen Sie viel Zeit und gute Nerven wegen all Ihrer Termine vor Gericht und mit Ihrem Steuerberater und Anwalt. Deren Kosten ersetzt Ihnen übrigens niemand, selbst für den unwahrscheinlichen Fall, dass Sie später vor Gericht Recht bekommen sollten.

Übrigens: Im Fall einer Prüfung können Sie nicht einmal die zusätzlichen Kosten für Ihren Steuerberater von der Steuer absetzen. Hier haben Spaniens Steuerberater oder Gestoren allerdings den Ausweg gefunden, dass sie Ihnen eine entsprechende Rechnung über eine andere Leistung ausstellen.

Was heisst das in der Praxis?

Wird ein spanischer Unternehmer Opfer einer Steuerprüfung, dann ist das für ihn ärgerlich, aber nicht zu ändern. In 9 von 10 Fällen wird er fluchen und zahlen. Lieber (zum Beispiel) 10.000 Euro auf den Tisch blättern und dann seine Ruhe haben (und das Geld in den nächsten Jahren wieder hereinholen), als erst mal 30.000 Euro abdrücken plus 10.000 Anzahlung für den eigenen Anwalt, in der vagen Hoffnung, nach mehreren Jahren vor Gericht vielleicht einen Teil davon zurück zu erhalten.

In Spanien gibt es zwar einige sehr eitle und einfallsreiche Juristen (wie etwa der berühmte Staatsanwalt Baltazar Garzón), wenn es darum geht, mit aufsehenden Fällen wie der Pinochet-Verfolgung Schlagzeilen in der internationalen Presse zu machen. In einem Routinefall wie einer Klage gegen den Staat in einer Steuersache sollten Sie sich aber keine grossen Hoffnungen machen. Das wird Ihnen auch jeder Anwalt bestätigen, vorausgesetzt, er will sich nicht schnelle Kasse mit einem Klienten machen, dem er das blaue vom Himmel herunter verspricht, nur um eine Anzahlung zu kassieren.

Der Rat meines erfahrenen Steuerbeaters:

»Wenn Sie das Pech haben, mit Ihrem Unternehmen in eine Steuerprüfung zu geraten, dann sind Kosten, Ärger, Nervenverschleiss und Zeitverlust am geringsten, wenn Sie mit dem Prüfungsergebnis einverstanden sind (»Firmar en conformidad« heisst das auf Spanisch) und zahlen. Egal wie ungerecht Ihnen dies auch immer vorkommen mag. Um das zu erreichen, sind die Prüfer meistens durchaus verhandlungsbereit über die Höhe…«

Woher Sie das Geld nehmen, um die Steuerschuld zu bezahlen, interessiert übrigens niemanden beim Finanzamt. Aber das soll ja in Deutschland nicht anders sein, berichtete mir kürzlich ein Geschäftsfreund, der nach seiner Selbstanzeige eine sechsstellige Summe nachzahlen musste.

Ausserdem haben Sie natürlich die Möglichkeit einer Ratenzahlung. Wenn Sie einen halbwegs triftigen Grund angeben (»Bin zur Zeit leider arbeitslos …«) sind Ihre Chancen gut. Wenn die geforderte Summe nicht zu hoch ist, geht’s sogar ziemlich formlos. Bei höheren Beträgen wird oft eine Bankbürgschaft verlangt.

Dass Sie diese Tipps nie
brauchen werden, wünscht Ihnen

Manfred Krüger
krueger@coin-sl.com

Autor »Mallorca Immobilien Dossier«
Coin S.L.

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