Direct Mailers Roundtable

Die Profi-Seite für Texter und Direktwerbe-Unternehmer

Der sicherste Weg zu Ihrem Sieger-Mailing

26. Januar 2006

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Direct Mailer’s Roundtable
peterjuergenbeck@coin-sl.com

DER SEHR SICHERE WEG, WIE SIE EIN SIEGER-MAILING
SCHREIBEN. VIELLEICHT DER SICHERSTE WEG

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Liebe Leserin, lieber Leser,

ich verriet Ihnen schon von meinem neuesten Mailing: Ein reines »Bullets-Mailing«.

Das heisst: Dieses Mailing besteht zu mehr als der Hälfte aus sogenannten Bullets…

o Wie Sie schnell…
o Wie Sie leicht….
o Gewinnen Sie…
o Lernen Sie…
o etc…

Sie kennen das ja.

So ein Bullets-Mailing setzen Sie für 2 unterschiedliche Mailings sehr gut ein:

1. Das Mailing mit nur einem einzigen starken Thema: Sie konzentrieren sich bei einer Werbung zum Beispiel für ein Auto nur auf dessen starken Motor und die sportlichen Fahrleistungen.

2. Das Mailing, in dem Sie sehr viele unterschiedliche Vorzüge bewerben wollen. Beim gerade genannten Auto schreiben Sie zum Beispiel nicht nur über den starken Motor, sondern auch über den grossen Kofferraum, die vielen Sitzplätze, die hohe Wertstabilität, die grosszügige Garantie.

In beiden Fällen schütten Sie Ihren Leser mit Vorteilen, Vorteilen und Vorteilen zu.

Und dabei ist es dann gar nicht mehr nötig, dass Ihr Leser Ihren Brief Detail für Detail liest.

Es reicht, wenn er Ihren Brief zuerst nur überfliegt — und zu der Erkenntnis kommt: »Da ist unendlich viel für mich dabei!«

Sie unterstützen diese Strategie, mit meiner »False-Close«-Strategie:

Beim False Close spielen Sie Ihrem Leser vor, dass Ihr Brief jetzt zu Ende ist: »Sie sollten also schnell zugreifen!« Plötzlich legen Sie aber nach: »Das ist aber noch nicht alles. Sie bekommen noch etwas…«

Denken Sie dabei beim Schreiben an den Aal-Händler auf dem Hamburger Fischmarkt. Da reicht der einem Käufer das Aale-Pakete schon rüber, krächzt dann aber plötzlich los: »Da, ich geb Dir noch einen, und noch einen…«

Der Aal-Händler schmeisst also noch einen und noch einen Aal aufs Paket. Er bringt damit alle Umstehenden in eine Kauf-Euphorie: »Da bekommen wir ja so viel! Das ist ja alles fast geschenkt!«

Genau so machen Sie es also auch bei Ihrem Verkaufsbrief. Sie bringen immer noch einen und noch einen Vorteil. Und dann noch einen.

Sie bauen also viele False Closes in Ihren Brief ein. Ihr Leser meint, Sie haben schon alles Pulver verschossen — und da kommen Sie mit noch einem Vorteil.

Ihr Leser hätte vielleicht schon nach Ihrem ersten Close zur Abruf-Karte gegriffen. Jetzt tut er es aber noch sicherer. Lässt sich nicht mehr davon abbringen.

Bullets-Strategie und wasserfallartige False-Close-Strategie — damit kriegen Sie viele Leser rum.

Aber zu den Bullets muss ich Ihnen noch etwas sagen: Geben Sie sich mit denen bitte unendlich viel Mühe.

Ich sehe schon einige Hobby- und Nachwuchstexter vor mir, die diese Bullets schnell runternudeln und sich dann bei mir beschweren, wenn das Mailing dann nicht funktioniert.

Also:

Ihre Bullets müssen sehr nahe am Leben Ihres Lesers sein. Beschreiben Sie also Probleme Ihres Lesers, die der wirklich hat. Und die Sie ihm dann lösen.

Ihre Bullets sollten Ihren Leser überraschen: »Ja! Das ist wirklich so! Woher weiss der das?«

Schreiben Sie bei unserem obigen Auto-Beispiel also nicht lieblos: »Die 500 PS dieses Coupés verliehen Ihnen Kraft und Männlichkeit«.

Sondern zum Beispiel so: »Retten Sie sich aus brenzligen Situationen. Wenn Ihnen zum Beispiel beim Überholen eines Lkw ein Auto entgegen rast, mit dem Sie nicht gerechnet haben. Die 500 PS für 0 auf 100 in 6 Sekunden ziehen Sie kraftvoll am Lkw vorbei und zurück auf Ihre rechte Spur. Noch lange bevor das entgegenkommende Auto Sie erreicht.«

Denken Sie immer daran: Sprechen Sie immer die Gefühle (Ängste, Träume, Hoffnungen…) Ihres Lesers an.

Schreiben Sie also nicht nur sachlich: »Dieses Auto beschleunigt von 0 auf 100 in 6 Sekunden«. Sondern auch: »Retten Sie sich aus brenzligen Situationen.«

Und schildern Sie dann eine Situation, die Ihr Leser aus eigenem Erleben kennt. Die ihm Herzklopfen bereitet.

Ein lieber Texter-Kollege telefonierte mir dazu gerade ein schönes Zitat des grossen PM-Magazin-Gründers Peter Mosleitner durch:

Greif nach den Herzen, nicht nach den Köpfen!

Mit freundlichen Grüssen

Peter J. Beck
Mailing-Texter
Coin S.L.
peterjuergenbeck@coin-sl.com

PS: Würden Sie bitte diesen »Direct Mailer’s Roundtable« an Kollegen forwarden?

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Konzentrieren Sie sich auf ein einziges Thema

19. Januar 2006

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Direct Mailer’s Roundtable
peterjuergenbeck@coin-sl.com

KONZENTRATION AUF EIN EINZIGES THEMA
BRINGT MEHR RESPONSE

Der STERN zeigte uns das sehr schön mit
einer Kampagne in den vergangenen Wochen

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Liebe Leserin, lieber Leser,

die größte Angst vieler Verkaufsbrief-Schreiber ist die, dass der Text schal und langweilig klingt…

Ein äußerst probates Mittel dagegen ist, dass Sie Ihre Aussage auf möglichst ein einziges Thema konzentrieren.

Gehen wir dazu erst einmal zurück auf die Nebenwissenschaft aller Verkaufsbriefschreiberei: Journalismus.

Vor allem Boulevard-Journalismus!

Haben Sie die Berichterstattung der BILD-Zeitung über »Deutschland sucht den Superstar« gelesen?

Stellen Sie sich einmal vor, eine Zeitung hätte Sie als Reporter zu diesem Gesangswettbewerb hingeschickt. Mit dem Auftrag: »Schreib uns eine starke Story — kurz und knackig!«

Ein sauschwerer Auftrag. Wo anfangen? Einfach in der Geschichte Sänger für Sänger beschreiben?

Oder einfach die Veranstaltung chronologisch beschreiben, wie heute noch in vielen lieblos redigierten Lokalzeitungen:

»Gestern fand im Gasthaus zur Post die Jahreshauptversammlung des Taubenzüchtervereins statt. Vereinsvorsitzender Dieter Bohlen begrüßte die anwesenden Taubenzüchter…«

BILD konzentrierte die Berichterstattung auf ein
einziges starkes Thema:

»Wird eine Heulsuse Superstar?« Dazu ein Fotos mit schluchzenden Wettbewerbs-Teilnehmerinnen und dem weinenden Teilnehmer Stefan.

Trend der Geschichte: Teilnehmer, die schlecht singen und dafür mit viel Tränen Mitleid wecken, gewinnen über Teilnehmer, die gut singen und sich professionell verhalten.

Nun wurde es für den Leser spannend: Stimmt das wirklich? Was steckt dahinter? Sauerei! Schiebung!

Und der Schreiber der Geschichte hatte es mit dieser Titelzeile leicht…

So eine Story läuft einem doch leicht über die Finger.

Da konnte der Schreiber wundervoll in den Emotionen wühlen:

Empörung, Bestätigung (»Ich hab’s ja gleich gesagt…«), Neid, Missgunst, Schadenfreude, Mitleid, Schutzgefühle…

Und dieses Thema »Wird eine Heulsuse Superstar?« trägt die Berichterstattung über viele Tage und Wochen. Noch dazu wo jetzt auch noch Oberheulsuse Stefan unter Pfiffen und Buhrufen des Publikums die viel besser singende Sympathie-Trägerin Dascha aus dem Wettbewerb schubste.

Und BILD berichtete auf Seite 1 über dem Falz (stellen Sie sich das vor: Heulende Teenager als Top-Thema von Europas auflagenstärkster Tageszeitung!:

Er plärrte, traf keinen Ton! Trotzdem kam Heulsuse Stefan (18) bei »Deutschland sucht den Superstar« in die nächste Runde. Millionen TV-Zuschauer rätseln: Ging bei der Abstimmung alles mit rechten Dingen zu? BILD enthüllt die streng geheime Rangliste. Wer auf Platz 1 kam, wo die Heulsuse landete, wer jetzt bangen muss…

Seien Sie sicher: Millionen Leser kauften die Zeitung aufgrund dieser Schlagzeile: Die geheime Rangliste der Superstars. Und diese Geschichte brachte damit Millionen Euro in die Kasse — womit diese Geschichte für uns Werber interessant wird…

Stellen Sie sich das vor: Ein paar Worte brachten Millionen Euro!

Good Copy Only!

Ich war selbst überrascht, wie wenig Text das ist, als ich Ihnen den BILD-Text oben ins Keyboard tippte. Kaum länger als ein Einkaufszettel. Aber bringt Millionen.

Das ist es, was mich nach wie vor so sehr an unserem Beruf fasziniert. Good Copy Only.

Und wie diese Konzentration auf ein einziges Haupt-Thema in der Werbung funktioniert, zeigte uns in den vergangenen Wochen der STERN.

Diese Illustrierte könnte für sich werben, dass sie einige der besten Reporter (sowohl Text als auch Foto) der Welt beschäftigt, …dass sie umfassend über Themen aus Politik, Wirtschaft, Sport und Gesellschaft berichtet, etc.

Wie fast alle Illustrierten und anderen Zeitschriften auch konzentriert sich der STERN in seiner Werbung fast immer auf ein einziges, starkes Hauptthema.

Diesmal war’s das Thema »Der große Ärzte-Check«. In den vergangenen Wochen sahen Sie Inserate und TV-Spots mit diesem Thema — bis jetzt dann am vergangenen Donnerstag der Stern-Titel mit diesem Thema auf den Markt kam.

»Der große Ärzte-Check« ist eine »Neue Serie: von A wie Allgemeinmediziner bis Z wie Zahnarzt«. Was unsere Ärzte können … wie gut ihre Methoden sind…

Sehr guter STERN-Journalismus eben.

Mit dieser Serie zieht der STERN also neue Leser ins Blatt. Mit einem einzigen starken Thema!

Ich meine, diese Strategie wenden Sie auch gut bei anderen Produkten an. Bei Loseblatt-Werken sowieso. Sprechen Sie sich mit der Redaktion ab: »Am soundsovielten erscheint unser neues Mailing — haben Sie zu dem Termin eine extra-starke Geschichte im Werk?«

Oder, sagen wir mal bei einer Gärtnerei: Die könnte fürs Frühjahrsgeschäft einen total exotischen Strauch anbieten, der Hunderte neugieriger Kunden ins Geschäft zieht.

Oder eine Supermarkt-Kette für PC-Bedarf: Die lockte am vergangenen Samstag mit dem Programm »Norton Internet Security 2006« zum halben Preis ins Geschäft. (Natürlich kauften die vielen Tausenden angelockter Kunden dann auch andere Produkte — mit höherer Gewinnspanne).

Also: Sowohl Zeitschrift, als auch Gärtnerei und PC-Markt könnten mit der großen Vielfalt ihres Angebots werben. Oft aber bringt die Konzentration auf ein einziges, starkes Hauptthema den höheren Response.

Aber Achtung: Ich spreche hier nur von einer m-ö-g-l-i-c-h-e-n Strategie. Nicht von einem Gesetz.

Ich meine, wenn Sie für Ihr zu bewerbendes Angebot ein starkes einziges Hauptthema finden, dann probieren Sie das einfach einmal aus. Testen Sie es.

Aber auch genau das Gegenteil kann eine starke Strategie sein. So schrieb ich gerade ein Mailing-Package für ein Loseblatt-Werk. Ich wollte darstellen, dass dieses Loseblatt-Werk (ein Handbuch mit regelmäßigen Aktualisierungen und Ergänzungen) Marktführer ist: Sehr fundiert. Sehr umfangreich.

Und dass da also »Alles« drinsteht.

Zu diesem Zweck schüttete ich den Leser mit Bullets geradezu zu. Also viele Kurz-Infos: »Wie Sie…«, »Gewinnen Sie…«, etc.

Sicher wird es ein Sieger-Mailing!

Mit freundlichen Grüssen

Peter J. Beck
Mailing-Texter
Coin S.L.
http://www.coin-sl.com/texter

PS: Sie steigen leicht auf Apple um. Ihr neuer Apple liest alle Ihre Windows-Word-Texte so als wären sie Apple-Windows-Texte.

Und ganz wichtig für uns Werber: Auf Apple produzierte Werbemittel können Ihr Satzstudio und Ihr Drucker sofort weiterverarbeiten. Diese Profis arbeiten alle mit Apple (…und lachen sich oft halbtot, dass sich so viele Kunden ihre Windows-Vorlagen für sehr viel Geld auf Apple-Format umformatieren lassen).

PPS: Würden Sie bitte diesen »Direct Mailer’s Roundtable« an Kollegen forwarden?

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Wie staatstreue Werber den Leser verspotten

5. Januar 2006

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Direct Mailer’s Roundtable
peterjuergenbeck@coin-sl.com

WIE OBRIGKEITSNAHE PUBLIZISTIK IHRE LESER VERSPOTTET

EIN DRASTISCHES BEISPIEL AUS DER KAMPAGNE
»DU BIST DEUTSCHLAND«

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Liebe Leserin, lieber Leser,

eigentlich hatte ich mir fest vorgenommen, im »Direct-Mailer’s Roundtable« nie was über Politik zu schreiben - und über diese unsäglich veralbernde Aktion »Du bist Deutschland« (produziert von 20 Medienunternehmen) schon gar nicht…

Was ich aber in der letzten Ausgabe des stern, Ausgabe Nr. 1, las, ist einfach zu provozierend - und ich kenne die Hintergründe zu dieser Du-bist-Deutschland-Verarsche auf der Doppelseiten 158/159 einfach zu gut.

Ich kennen sie aus bitteren Erfahrungen, die Freunde von mir machen mussten.

Lesen Sie bitte erst mal, was in diesem doppelseitigen Inserat steht. Es wird Ihnen erst nur wie harmloser Unsinn vorkommen. Ich erkläre Ihnen dann die hämische Verarsche.

Also…

Zu Familienfesten bringt niemand mehr eine Kamera mit, da du sowieso die schönsten Bilder schiesst? Dann mach doch etwas aus deinem Talent. Vielleicht liegt zwischen dir und deinem Traum nur ein Graben aus fehlendem Mut. Wenn du den überquerst, fotografierst du bald nicht mehr deine Tanten, sondern die schönsten Frauen der Welt.

Du bist Deutschland
Du bist Helmut Newton

So, so, da liegt also »nur ein Graben aus fehlendem Mut«. Ich mach’s kurz…

Helmut Newton hätte sich in Deutschland bis vor 2 Jahren gar nicht Fotograf nennen dürfen. Schon gar nicht hätte er in Deutschland gewerblich als Fotograf arbeiten und Fotos verkaufen dürfen.

Dazu hätte er nämlich einen Meisterbrief gebraucht.

Sogar ein Absolvent der renommierten Folkwang-Schule in Essen durfte sich nicht Fotograf nennen. Fotografiestudium-Absolventen durften sich nur Foto-Designer nennen.

Sie durften künstlerisch arbeiten. Oder journalistisch/publizistisch (zum Beispiel für Werbung). Aber nicht gewerblich. Das heisst:

Diese Foto-Designer durften keine Aufträge der Form annehmen: »Bitte fotografieren Sie die Hochzeit meiner Tochter. Ich zahle Ihnen dafür 2.000 Euro oder 5 Euro pro Foto.«

Solche Aufträge durfte im deutschen Sozialismus nur ein »Fotograf« übernehmen.

Und der Titel Fotograf war in Deutschland von der Obrigkeit geschützt - beziehungsweise in Beschlag genommen. Konfisziert.

Ein Fotograf durfte sich nicht Fotograf nennen. Selbst dann nicht, wenn er so super fotografiert wie Helmut Newton…

Wollte Helmut Newton in Deutschland ein Studio eröffnen, in dem sich Frauen fotografieren lassen und dafür bezahlen, hätte er erst eine dreijährige Lehre machen, dann sich 6 Jahre lang als Fotografen-Geselle beschäftigen lassen, dann die Meisterprüfung absolvieren müssen.

Ein Weg, der praktisch nicht durchführbar war: Wo gibt’s denn schon noch Lehrstellen für Fotografen? Wer nimmt einen Lehrling über 30?

Helmut Newton hätte hoffen müssen, dass ihn ein Dorffotograf anstellt, wo er dann das Labor schruppen, Fotos entwickeln und das Fotoarchiv aufräumen darf.

Ich bin mit Fotojournalisten befreundet, die in Deutschland Fürchterliches durchmachten…

Da sind Top-Profis dabei, die auf Hochzeiten von Königen und Weltstars fotografierten. Porträts von Pabst, Präsidenten und Popstars fotografierten.

Hatten diese Profis bei Zeitungen und Zeitschriften mal eine Auftragsflaute, waren die auf Arbeits- und Sozialamt angewiesen.

In ihrem Beruf als Fotograf durften diese Profi-Fotografen nicht arbeiten.

Wenn da also jemand kam und sagte, »schiess mir doch bitte schnell mal ein Passfoto, ich geb’ dir dafür einen Fuffi«, mussten diese Profis dazu nein sagen.

Nahmen diese Profis nämlich so einen Auftrag an und die Stasi kam dahinter, gab’s einen saftigen Bussgeldbescheid von der Handwerkskammer.

Halt, da gab’s noch einen kleinen Ausweg. So eine Art Wilhelm-Tellschem Gessler-Hut-Ritual, mit dem die Obrigkeit ihre Untertanen demütigte und schikanierte…

Die Sozis akzeptierten nämlich, dass es in Deutschland ja in vielen U-Bahn-Stationen Passfoto-Automaten gibt. Die dürfen Fotos schiessen und verkaufen, haben aber keinen Meisterbrief.

Also durften sich menschliche Fotografen zum Affen – beziehungsweise Automaten — machen:

Sie durften ein Fotostudio eröffenen, mussten dabei aber einen Passautomaten genau simulieren.

Das heisst…

Der Stuhl, auf dem die zu fotografierende Person sitzt, musste fest am Boden verankert sein. Genauso die Beleuchtung. Und genauso das Kamera-Stativ.

Damit’s wirklich demütigend wird…

Die Profis durften beim Fotografieren nicht ihre geliebte Nikon, Leica oder Hasselblad verwenden. Sie durften auch nicht mit Film fotografieren. Die Staatsmacht zwang sie dazu, dass sie mit Poloroid fotografieren.

Höhnische Begründung: In Passautomaten knipst ja auch nur eine Polaroid.

Diese staatliche Willkür verhinderte, dass sich in Deutschland Menschen mit der Kamera selbständig machten.

Sie d-u-r-f-t-e-n einfach nicht. Weil’s die Obrigkeit untersagte.

In Deutschland durfte einer ohne Meisterbrief nicht einmal - wie zum Beispiel auf Mallorca - Touristen vor Sehenswürdigkeiten oder in Bars und Restaurants fotografieren.

Er durfte auch nicht auf Partys Partygäste fotografieren und denen dann die Fotos verkaufen.

Da gibt’s also keinen mysteriösen »Graben aus fehlendem Mut«, sondern eine konkrete Hürde aus Bürokratie, Engstirnigkeit und menschlicher Verachtung.

Erst unterdrückt die Obrigkeit ihre Untertanen - und dann wirft sie ihnen fehlenden Mut vor.

Da durfte ein Helmut Newton ohne Meisterbrief nicht den Auftrag eines Unternehmens annehmen: »Fotografieren Sie doch bitte mal unsere neue Montage-Anlage«.

Es sei denn, die Fotos waren ausschliesslich für künstlerische oder journalistische/publizistische Zwecke bestimmt. Für künstlerische Zwecke durfte der Fotograf z.B nicht v-i-e-l-e Exemplare von ein und dem selben Foto verkaufen.

Was dann sonst noch als künstlerisch oder gewerblich galt, bestimmte dann die staatlich beauftragte Zensurbehörde (Handwerkskammer).

Okay, das ist nun abgeschaffte. Am 1. Januar 2004 wurde für Fotografen in Deutschland die Gewerbefreiheit eingeführt.

Aber, dass man sich 2 Jahre später über die damals geschundenen Fotografen lustig macht, sie öffentlich verspottet - sie als Zauderer und Feiglinge an den Pranger stellt, ist eine Riesensauerei.

Es wurden Karrieren zerstört, Lebenswege und die Erfüllung von Träumen ruiniert.

Keiner der Verantwortlichen hat sich jemals bei diesen Fotografen entschuldigt. Keiner wurde zur Rechenschaft gezogen.

Die Demütigung geht sogar noch weiter: Nach wie vor müssen sich Fotografen bei der damaligen Kontrollbehörde in die Handwerkerrolle eintragen lassen - und dafür auch noch zahlen.

So, genug von Politik. Wollen Sie mehr über deutsche Politik wissen, lesen Sie einfach »Farm der Tiere« von George Orwell.

Ich hoffe nur, dass die Obrigkeit das Volk nicht so lange unterdrückt und demütigt, bis immer mehr und mehr Menschen auf den Revoluzzer-Gedanken hier kommen:

»Du bist Deutschland. Du bist Che Guevara«

Viele Grüsse, Ihr

Peter J. Beck
Mailing-Texter
Coin S.L.
www.coin-sl.com/texter

PS: Wie viel Praxisferne hinter dieser Du-bist-Deutschland-Anzeige steht, sehen Sie auch daran: »Wenn du den überquerst, fotografierst du bald nicht mehr deine Tanten, sondern die schönsten Frauen der Welt.«

Ich meine, für einen exzellenten Reportage-Fotografen sind Tanten auf einem Familienfest oft eine spannendere Herausforderung.

PPS: Ich sprach oben von obrigkeitsnaher Publizistik: Anders als zum Beispiel beim Klassenfeind USA werden in Deutschland Journalisten vom Staat ausgebildet.

Diejenigen, die also den Staat kontrollieren sollen, werden vom Staat ausgebildet…

…und belehren dann die Untertanen. Und nicht die Unterdrücker.

Der Staat achtet eifersüchtig darüber, dass sich im Obrigkeitsgebiet keine privaten oder gar ausländischen Universitäten ansiedeln.

Die brauchen erst eine staatliche Genehmigung. Und die gibt’s nicht so schnell.

Und wie in vielen anderen Studienfächern auch, bildet die Obrigkeit an ihren Universitäten Journalisten so praxisfern aus, dass die anschliessend nur dann eine Berufschance haben, wenn sie gleich nach dem Studium bei einer grossen Zeitung, Zeitschrift oder Fernsehstation unterkommen.

Vom Studium her fehlt ihnen die Praxis. Anders als zum Beispiel in den USA, wo Journalismus-Studenten nicht Jahre lang mit praxisfernen Theorie-Diskussionen von der Arbeit abgehalten werden, sondern schon während des Studiums Nachrichten, Reportagen, Interviews, etc. erarbeiten, die dann auch veröffentlicht werden - meist in uni-eigenen Publikationen.

Einzelkämpfer, die investigativen politischen Journalismus betreiben und die Obrigkeit spürbar kontrollieren, werden in Deutschland — anders als in den USA (zum Beispiel Columbia University, New York) — nicht herangebildet.

Die Obrigkeit ist zynisch - aber nicht dumm.

PPPS: 4 Seiten vor dieser Du-bist-Deutschland-Anzeige hat die Bundesregierung(!!!) ein Inserat geschaltet.

Unterm Titel »Gemeinsam sind wir stärker« schreibt Angela Merkel: »Liebe Bürgerinnen und Bürger, in den vergangenen Wochen und Monaten bin ich oft gefragt worden, warum ich dieses Land regieren möchte… Überraschen wir uns damit, was möglich ist und was wir können! Lassen Sie uns unser Land gemeinsam nach vorn bringen. Mit Mut und Menschlichkeit.«

Mit freundlichen Grüssen

Peter J. Beck
Mailing-Texter
Coin S.L.
peterjuergenbeck@coin-sl.com

PS: Würden Sie bitte diesen »Direct Mailer’s Roundtable« an Kollegen forwarden?

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