Direct Mailers Roundtable

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Begreifen Ihre Leser, was Sie ihnen anbieten?

30. März 2006

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Direct Mailer’s Roundtable
peterjuergenbeck@coin-sl.com

BEGREIFEN IHRE LESER, WAS
SIE IHNEN ANBIETEN?

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Liebe Leserin, lieber Leser,

wachten Sie schon mal nachts auf und dachten sich…

»Ich muss mich endlich mit natürlichen Vitaminen gesund ernähren« ???

Oder: »Ich will alle schädlichen Gifte aus meinem Körper schwemmen« ???

Oder: »Ich will meinen Blutzucker auf natürliche Weise regeln« ???

Richtig, aus allen diesen Aussagen könnten Sie ohne großes Umformulieren Headlines schreiben. Solche, die einen Nutzen versprechen. Einen Benefit.

Nur, sagen Sie selber: gehen diese Benefits nicht als Blabla im täglichen Werbebeschuss unter?

Ist es nicht so, dass Ihre Leser im täglichen Trubel gar nicht begreifen, was Sie ihnen anbieten? Ganz einfach, weil sie keine Zeit haben?

Wie zum Beispiel bei dieser Headline hier…

»Stärken Sie Prostata und Blase mit bewährten Mitteln aus der Natur«

Stimmt schon, das k-ö-n-n-t-e eine Headline sein. Sie verspricht ganz klar einen Nutzen.

Aber begreift den der Leser sofort?

Muss er nicht erst nachdenken, bevor er seine Vorteile sieht?

Und dann las ich jetzt plötzlich in einem amerikanischen Magalog (North Star Nutritials) diese Headline hier:

Pee Like a Firehose!

Jeder, der schon mal einem Prostata-geplagten zuschaute, wie der an der Wand stand und wartete und wartete und wartete, wird diese Headline – diesen so sehnlichen Wunsch – verstehen:

Pee Like a Firehose!

Wissen Sie, was der Texter dieses Magalogs gemacht hatte? Bevor er seinen Text schrieb dimensionierte er die Benefits seines zu bewerbenden Produkts.

Das heißt…

Er brachte die Benefits in die Dimension, in den Verständnis- und Erfahrungsbereich, den sein Leser sofort erkennt.

Das schaffte er, indem er entweder selbst zur Zielgruppe gehört oder/und die Zielgruppe genau beobachtete, sich tief in ihr Problem hineindachte - und den Zielpersonen genau zuhörte,

…wenn sie über ihr Problem und ihre Ängste sprachen.

So kamen denn auch Zwischen-Headlines noch solche Headlines im Magalog heraus…

Wouldn’t you like to sit through a movie
without rushing off to the men’s room?

Oder…

»I pass rest stops WITH PLEASURE!«
(»An Autobahn-Rastplätzen fahre ich mit Freude vorbei!«)

Oder…

Why trade swollen prostate for FEMALE BREASTS?

(In der letzten Headline geht’s um Hormonbehandlung)

Haben Sie es gesehen? Bei all diesen lesernahen (Zwischen)Headlines geht es nicht um komplizierte psychologische Grundängste, Core Desires, etc.

Der Texter hat dem Volk einfach nur aufs Maul geschaut.

Und jetzt bin ich richtig stolz darauf, dass ich kein Professor bin, sondern mein Handwerk bei der BILD-Zeitung gelernt habe…

BILD gewann jetzt wieder einen wichtigen Medienpreis: Einen »Silbernen Nagel« des Art Directors Club Deutschland (ADC).

Und das für diese »simple« Headline hier…

Wir sind Papst!

Den Preis bekam BILD-Politikchef Georg Streiter in der Kategorie »Text«. Auch kein Professor.

Wofür gewann er den Preis genau? Wahrscheinlich nicht dafür, dass er für diese Headline stundenlang über verborgene Wünsche seiner Leser nachdachte…

Ich glaube, mit dem Preis wurde Georg Streiter dafür belohnt, dass er in jahrelanger Arbeit seine Auffassungsgabe auf die Erlebniswelt seiner Leser dimensionierte - soll ich (positiv gemeint) sagen: reduzierte?

Dieser Journalist und Headline-Texter versteht die Dimension, in der sein Leser denkt und redet. (Ohne all den psycho-theoretischen Ballast.)

Vielleicht rief ihm den Satz »Wir sind Papst« morgens der Pförtner zu - und er hörte zu, schrieb sich den Satz auf.

Oder er belauschte zwei Putzfrauen. Oder einen Taxifahrer…

Oder er erinnerte sich beim Texten an den Freudensausruf von Fussball-Fans: »Wir sind Weltmeister!«

Auf alle Fälle dachte und schrieb der BILD-Texter geradlinig und unkompliziert. Dimensioniert auf die Erlebenswelt seiner Leser.

Nachträglich können wir da natürlich viel Theorie hineininterpretieren.

Also spielen wir Theoretiker: Die kurze Headline »Wir sind Papst« spricht viele unserer Core Emotions an….

Zusammengehörigkeitsgefühl
Wunsch nach Überlegenheit
Sehnsucht nach Führung
Angst, was nach dem Tod passiert
Wunsch nach Geborgenheit
Religiosität
Emotionalität
etc., etc…

Nur wären wir über diese »Core Emotions« auf so eine griffige Headline gekommen? Ich weiß es nicht.

Ich weiß aber, dass ich jetzt unlogisch werde. Denn natürlich schreibe auch ich mir beim Texten erst eine Konzeption mit einer Auflistung aller möglichen Core Emotions.

Das bringt mich immer a-u-c-h auf gute Ideen.

Aber meine besten Mailings schreibe ich immer dann, wenn ich mich eines morgens einfach hinsetze, an eine bestimmte Person denke und ihr aus dem Bauch heraus einen ganz persönlichen Brief schreibe.

Meine 2 Botschaften dieses Briefs an Sie sind diese hier:

a) Bleiben Sie nicht zu sehr in der Theorie hängen. Sitzen Sie nicht nur am PC und denken nach.

Vergessen Sie über all die Theorie nicht die Praxis!

Gehen Sie auch unters Volk! Sehen Sie sich eine Person an, die Ihre Zielperson sein könnte, und überlegen Sie sich:

»Was würde ich jetzt spontan sagen, wenn ich dem mein Produkt an Ort und Stelle verkaufen möchte?«

b) Geben Sie sich nicht mit dem ersten Benefit zufrieden, der Ihnen einfällt.

Da schreiben sie zum Beispiel über wieder aufladbare Batterien. Benefit natürlich:

»Sie müssen nie mehr neue Batterien kaufen.«

Mein Vorschlag dazu: Dimensionieren Sie diesen Benefit auf die Erlebenswelt Ihres Lesers:

»Sie sparen bis zu 50 Euro im Jahr für Batterien…«

»Sie sitzen nie mehr ohne Batterien da, wenn vor dem Fußball-WM-Spiel plötzlich die Fernbedienung Ihres Fernsehers ausfällt.«

»Es passiert Ihnen nicht, dass beim Kindergeburtstag oder auf einer Hochzeit schöne Erinnerungen verloren gehen, nur weil Ihre Digital-Kamera streikt.«

»Sie vergeuden nicht mehr die Stunden für die Fahrt zum Batterienkauf.«

Oder Sie schreiben über den neuen Email-Aktualisierungsdienst zu Ihrem Finanz-Newsletter. Der Benefit ist natürlich:

»Sie wissen immer sofort, was Sie tun müssen, wenn auf dem Aktienmarkt etwas passiert.«

Mein Vorschlag dazu: Dimensionieren Sie diesen Benefit auf die Erlebniswelt Ihres Lesers:

»Sie stoppen sofort, dass Sie mit Ihren Aktien Geld verlieren, wenn nächste Woche im Fernsehen die Meldung über Zinserhöhung kommt.«

»Spätestens 3 Stunden nachdem der erhoffte Großkunde unterschreibt, kaufen Sie die xy-Aktie als einer der ersten Privatanleger.«

»Sie kommen nicht ins Stottern, wenn Sie Ihrem Bankberater den Kaufauftrag für diese Aktie durchtelefonieren. Ihr neuer Aktualisierungsdienst gibt Ihnen die aktuell optimale Formulierung.«

Viele Grüße
Peter J. Beck
www.coin-sl.com/texter

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